Was genau ist eine Wochenbettdepression?
Falls die Glücksgefühle nach der Geburt länger als zwei Wochen ausbleiben, kann das aber ein Anzeichen für eine Wochenbettdepression sein. Eine Wochenbettdepression ist eine länger anhaltende Depression, die sich nach der Geburt entwickeln kann.
Auch wenn heutzutage über viele Krankheiten offen gesprochen wird, ist die mentale Gesundheit immer noch eine Art Tabu-Thema. Durch den neuen Familienalltag und der Vielzahl an Neuerungen, die alle jungen Eltern vor Herausforderungen stellen, fühlen sich viele junge Mamas zu Recht überfordert. Dadurch ist man auch oft verängstigt als schlechte Mutter dazustehen. Deshalb wird nur selten über die Probleme und Beschwerden bei einer psychischen Krise gesprochen. Ein Stimmungstief und eine leidende mentale Gesundheit ist aber gar nichts, wofür man sich schämen muss. Vielen jungen Mamas geht es nämlich ähnlich:
Ist es nur der Baby-Blues oder doch die klinische Depression?
Bei dem Baby-Blues ist es ganz klar: Die Hormone sind schuld. Durch die hormonelle Umstellung nach der Entbindung kommt es im Körper zu einem Hormoncocktail und dadurch zum Gefühlschaos. Aber kein Grund zur Panik, die hormonelle Umstellung pendelt sich nach ein paar Tagen oder in den ersten Wochen wieder ein. Im Laufe der Schwangerschaft und auch in der Zeit nach der Geburt muss dein Körper einiges durchstehen und beweist, zu welchen wunderbaren Kräften er fähig ist. Gönn dir daher bewusst ganz viel Zeit für dich und erwarte nicht, direkt wieder Spitzenleistungen in anderen Lebensbereichen erbringen zu können. Denn auch hier gilt: Alles im eigenen Tempo.
Der Baby-Blues kann in den ersten zwei Wochen nach der Entbindung vorkommen und ein paar Tage dauern. Die Symptome sind denen der Depression ziemlich ähnlich:
- Antriebsarmut
- Freudlosigkeit
- Konzentrations-, Appetit- und Schlafstörungen,
- Erschöpfung,
- Ängste,
- Reizbarkeit,
- Traurigkeit,
- häufiges Weinen,
- Schuldgefühle,
- allgemeines Desinteresse,
- innere Leere,
- psychosomatische Beschwerden,
- Gefühl der Überforderung
Wenn die Symptome länger als zwei bis drei Wochen nach der Geburt fortbestehen und du die folgenden Symptome bei dir feststellst, solltest du ärztlichen Rat einholen oder mit deiner Hebamme sprechen:
- Antriebslosigkeit
- Traurigkeit
- Gefühl von Wertlosigkeit
- Schuldgefühle
- Gemischte Gefühle dem Kind gegenüber
- Hoffnungslosigkeit
- Sexuelle Unlust
- Herzbeschwerden
- Taubheitsgefühle
- Zittern
- Ängste und Panikattacken
Kann man eine Wochenbettdepression vorbeugen?
Leider nicht. Aber es gibt Indikatoren und Ursachen, die das Risiko nach der Geburt an einer Wochenbettdepression zu erkranken, erhöhen:
- Komplikationen in der Schwangerschaft
- Traumatisches Geburtserlebnis
- Veränderung des Körper- und Selbstbildes
- Psychische Erkrankungen in der Vergangenheit
- Beziehungsprobleme
- Mangelnde Unterstützung aus dem sozialen Umfeld
Wenn einer oder mehrere dieser Faktoren auf dich zutreffen, kannst du schon in der Schwangerschaft mit deiner Nachsorgehebamme, Frauenarzt:in oder Arzt:in darüber sprechen und dich informieren.
Diagnose einer postpartalen Depression
Frauenärzt:innen und Klinikärzt:innen können im Rahmen der Untersuchungen in der Schwangerschaft sowie der ersten Nachuntersuchung auf die Edinburgh Postnatal Depression Scale (EPDS) - einem Selbstbeurteilungsfragebogen - zurückgreifen. Durch die beantworteten Fragen und der erreichten Punktzahl, wird die Wahrscheinlichkeit für eine depressive Symptomatik sichtbar. Ist die erreichte Wahrscheinlichkeit für eine depressive Symptomatik gegeben, sollte eine weiterführende persönliche Beratung und ein psychologisches Gespräch den nächsten Schritt darstellen. Im Vordergrund steht hier das mentale Wohlbefinden und der Gemütszustand der jungen Mama und sollen ihr dabei helfen, die letzten Tage zu reflektieren. Beispiele aus der EPDS sind:
- Ich konnte lachen und das Leben von der heiteren Seite sehen.
- Ich habe mich unberechtigterweise Weise schuldig gefühlt, wenn etwas nicht geklappt hat.
- Ich war so unglücklich, dass ich kaum schlafen konnte.
- Mir ist alles zu viel geworden.
Therapieansätze: Was tun bei einer postpartalen Depression?
Es gibt viele Wege aus einer psychischen Krise und dadurch auch verschiedene psychotherapeutische Behandlungen, die miteinander kombiniert werden können. Nach der Diagnose durch eine:n Facharzt:in der Psychiatrie, deine:n Hausarzt:in, eine:n Psycholog:in oder Psychotherapeut:in oder deine Hebamme wird besprochen, welche Therapiemethode dich am besten unterstützen kann.
Hier gibt es zum Beispiel die medikamentöse Therapie oder eine Psychotherapie, die ein möglicher Ansatz wäre.Besondere Vorsicht ist bei der Einnahme von Medikamenten geboten, denn diese können beim Stillen an dein Liebling weitergegeben werden. Dein:e Arzt:in oder Gynäkolog:in wird wissen, welche Medikamente sich auch guten Gewissens für die Behandlung stillender Mütter eignen. Medikamente, die du in der Schwangerschaft und Stillzeit zu dir nimmst, solltest du bitte nur in Rücksprache mit deinen Ärzt:innen einnehmen.
Beim psychotherapeutischen Ansatz lernen die Mamas mit dem neuen Alltag umzugehen und eine Verbindung zu ihrem Baby aufzubauen. Die Mutter-Kind-Bindung ist wichtig für die Familiendynamik. Du bist nicht allein, denn deine ganze Familie steht dir meist bei der Therapie bei. Die Psychotherapie bezieht oft die ganze Familie mit ein. Die individuelle psychologische Betreuung hilft zu reflektieren, neue Wege zu beschreiten und die Verbindung zwischen Mutter und Kind, also das Bonding, zu stärken. Je nach Ausprägung und Schweregrad der mentalen Krise gibt es die Möglichkeit die Behandlung ambulant oder stationär durchzuführen.
Wochenbettdepression nach dem Kaiserschnitt
Einige Studien zeigen, dass Mütter nach einem Kaiserschnitt ein erhöhtes Risiko für postpartale Depressionen haben. Dabei ist der Unterschied zu einer vaginalen Geburt, dass zahlreiche Hormone, die für das Bonding wichtig sind, bei einem Kaiserschnitt nicht ausgeschüttet werden. Daher wird im Krankenhaus bei Kaiserschnittgeburten zusätzlich besonders auf die psychologische Betreuung der frischgebackenen Familien geachtet.
So kannst du als Partner helfen
Niemand ist auf sich allein gestellt, denn das Frauengesundheitsportal der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung gibt einige Tipps, um postnatale Depressionen erfolgreich zu überwinden:
Bewegung an der frischen Luft kann den mentalen Gemütszustand stärken, aber auch der Austausch mit anderen Müttern wirkt Wunder. Wir haben für dich einige Anlaufstellen zur Behandlung sowie Selbsthilfegruppen zusammengestellt.
Weitere Adressen und Selbsthilfegruppen:
- Frauengesundheitsportal der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung
- Deutsche Depressionsliga
- Schatten und Licht e.V.
- Marcé Gesellschaft für Peripartale Psychische Erkrankungen e.V.
Auch wir vom Milupa Team sind gerne für dich da und haben ein offenes Ohr für deine Probleme und Fragen. Unser Team begleitet dich durch alle Höhen und Tiefen des Elternseins.
So kannst su als partner helfen
Der Baby-Blues verschwindet meist so schnell wie er gekommen ist. Sollte eine postpartale Depression vorliegen, zeigt sich diese oft erst nach 3-6 Wochen als Unsicherheit oder “Fremdeln” zwischen Mama und Neugeborenem. Der Vater oder andere Familienmitglieder sind meist diejenigen, die eine postpartale Depression bei der neuen Mama erkennen. Du als Partner kannst also viel tun, um deine junge Familie in dieser besonderen Zeit zu unterstützen. Sowohl deine Partnerin als auch euer kleiner Schatz brauchen in dieser schweren Phase viel Liebe, Verständnis und Zuwendung. Dabei ist es besonders wichtig, die Gefühle der Mama ernst zu nehmen und die Symptome nicht zu beschönigen. Auch dein Baby braucht jetzt ganz viel Zuneigung und Pflege für eine gesunde Entwicklung und die Bildung des Urvertrauens. Als Vater kannst du neben der Aufteilung und Unterstützung im Haushalt vor allem emotional unterstützen, Halt und Zuversicht geben.
Du spürst die Belastung und deine Partnerin ist erschöpft, verunsichert oder fühlt sich von ihren Gefühlen nach der Geburt überfordert? Sprich mit ihr darüber. Sei für sie da und zeige ihr, dass du sie verstehst. Erkenne die enorme körperliche Leistung deiner Partnerin an, die sie in den letzten Monaten bewältigt hat. Es braucht Zeit, sich an die neue Situation vor allem emotional zu gewöhnen. Unterstütze und ermutige sie dabei, Hilfe zu suchen und anzunehmen, wenn es nötig ist.
Der Start als neue Familie ist nicht immer leicht und ihr beide als frischgebackene Eltern müsst erst einmal euer eigenes Tempo finden - das ist vollkommen normal. Vielleicht kannst du dich selbst stärker im Haushalt einbringen oder du organisierst Unterstützung bei der Hausarbeit, um die Mama ein bisschen zu entlasten. Zeige deiner Partnerin, wie sehr du dich mit ihr verbunden fühlst – denn nur weil das Baby jetzt da ist, heißt das nicht, dass eure Bindung ab jetzt kürzer kommen sollte.